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 INSIDE#5 

Die IG Metall Bildung

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Jetzt erst recht !

Jonas Berhe

Liebe KollegInnen,

der Philosoph und Medienwissenschaftler Joseph Vogl beschrieb Anfang April die Corona-Krise mit dem folgendem Bild: „Die Welt ist in ein Entwicklerbad gefallen, und es wird noch ein wenig dauern, bis man genau sehen kann, welche Kontraste und Konturen sich für diese oder jene Staaten und Regierungen herausprägen werden, schreckliche oder hoffnungsvolle Bilder.“

 

Einen Monat später sehen wir, welche vom Alltag verschütteten Facetten unserer Gesellschaft sich abzeichnen. Sie zeigt uns einerseits Defizite, wie ein unvorbereitetes, privatisiertes Gesundheitssystem. Andererseits führt sie uns auch unsere Bereitschaft vor Augen, eng miteinander verbunden und sich gegenseitig Mut machend zu handeln. 

Wenn wir als Gesellschaft nur schwer abschätzen können, wie wir in schwierigen Situationen handeln sollten, dann können wir auf unsere Werte zurückgreifen.

Wir können als Gewerkschaft stolz sein, ein festes, gelebtes Wertesystem mitzuprägen. Solidarität ist so ein Wert. Wirkte sie für den einen oder anderen bis vor kurzem wie ein angestaubter Begriff aus alten Zeiten, hat sie heute Hochkonjunktur. Der Grund für uns, ihr eine Ausgabe der Inside zu widmen.

 

Jürgen Habermas definiert Solidarität so: „Wer sich solidarisch verhält, nimmt im Vertrauen darauf, dass sich der andere in ähnlichen Situationen ebenso verhalten wird, im langfristigen Eigeninteresse Nachteile in Kauf.“ Dieses Verhalten zeigte sich in der Corona-Krise beispielsweise im Verzicht auf Freiheit. Es galt den älteren und vorbelasteten Menschen, wenngleich wir hierdurch persönliche Einschränkungen in Kauf nahmen.

 

Wir werden diese Form der Solidarität brauchen, wenn sich in den kommenden Monaten ein klareres Bild der wirtschaftlichen Schäden abzeichnet - und auch die Konkurrenz wieder erwacht und seinen Schatten über die Solidarität zu legen versucht.

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Als Metaller habe ich erlebt, dass Solidarität Nähe braucht. Sie entsteht in Gruppen mit ähnlichen sozialen Interessen, oft einer gemeinsam erlebten Geschichte und durch die vielen Aktiven, die die einzelnen Kollegen immer wieder zu einem Kollektiv zusammenführen. Und ganz besonders entsteht sie in und durch unsere Seminare. 
Sich das vor Augen zu führen ist wichtig. Die Aufspaltung der Belegschaften in eine Vielzahl unterschiedlicher Beschäftigungsverhältnisse - davon viele kurzfristig und ungesichert - und die aktuell verordnetet Soziale Distanz erschweren das Kennenlernen und die Entstehung eines Vertrauensverhältnisses. Beides ist essentiell für ein solidarisches Handeln.

Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Bewältigung kann nur in Kenntnissen und Fähigkeiten, im Informationsaustausch bei anhaltender Gesprächsbereitschaft, dem gegenseitigen Respekt, in der Bildung liegen. 

Mit diesem Heft wollen wir Euch als ReferentInnen in Eurer Schlüsselposition bestärken. Lasst uns noch enger zusammenrücken und gemeinsam für gute Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfen, auch wenn das manchmal mühsam ist, einen hohen Energieeinsatz erfordert und auch zu Lasten der Freizeit geht.

 

Denn sowohl für die allgegenwärtige als auch für kommende Herausforderungen gilt: Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Bewältigung kann nur in Kenntnissen und Fähigkeiten, im Informationsaustausch bei anhaltender Gesprächsbereitschaft, dem gegenseitigen Respekt, in der Bildung liegen.

Dazu nähern wir uns dem Thema „Solidarität“ grundsätzlich und kämpferisch, wie in Irenes Leitartikel und - wie ihr insbesondere bei den Artikeln zur Gerechtigkeit, der ökologischen Dimension und der Achtsamkeit sehen werdet - aus allen erdenklichen Perspektiven, um sie besser zu verstehen, erleben und weitertragen zu können.

Wir betrachten deshalb Solidarität nicht nur auf einer Metaebene, sondern auch ganz praktisch in der Region. Und wir haben ExpertInnen außerhalb der IG Metall zur Solidarität befragt, um neues, manchmal auch fremdes, aber notwendiges Wissen zu integrieren. Dann können wir gespannt und zuversichtlich auf unsere Zukunft blicken. Oder wie der fünfte Artikel eindrucksvoll illustriert:

 

Wir waren immer am stärksten, wenn die Herausforderungen am größten waren.

Ich habe in meiner Zeit

als Erschliessungssekretär festgestellt, dass das Verstehen und Begreifen

der unterschiedlichen Perspektiven der Kolleginnen die Grundvoraussetzung ist, um Menschen mitzureißen

und zu aktivieren.

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 Über den Autor:  Jonas Berhe, ist der Leiter des Funktionsbereichs Gewerkschaftliche Bildungsarbeit.

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